1999 habe ich meinen ersten Aquarellkasten geschenkt bekommen. Seitdem male gemeinsam mit meiner Frau Hanka Aquarelle. Es macht einfach Freude, zu malen, zu lernen, Papiere, Pinsel und Farben auszuprobieren. Spannend war es, die ersten Kurse und Workshops zu besuchen sowie an Malreisen teilzunehmen.

2001 haben wir uns getraut, eine Gruppenausstellung mitzugestalten. Es war eine schöne Erfahrung, sich mit anderen Menschen über unsere Bilder auszutauschen. Aus einer Ausstellung wurden mehrere, und irgendwann wurde ich gefragt, ob ich meine Aquarelle verkaufe und ob ich nicht auch Kurse geben möchte.

2011 wurde aus meinem Hobby mein Beruf. Neben Kursen, Workshops und Malreisen organisiere ich Ausstellungen, arbeite als Autor für verschiedene Zeitschriften sowie als Projektleiter und Ideengeber für das Plein-Air-Festival „Malen am Meer“ in Kühlungsborn und Bad Doberan.

Zu meinen Tätigkeiten gehören der Austausch mit Kollegen, Verlagen, Ausstellungspartnern, Kunden und Malschülern rund um die Aquarellmalerei. Der Austausch mit den Menschen und die Recherche zum Thema Aquarell ist spannend, denn ich kann neue Trends, neue Materialien sowie neue Kollegen und Partner kennenlernen. Dabei werde ich mit vielen Fragen, Mythen, Halbwissen und auch Unsinn rund um das Aquarell konfrontiert.

Das ist der Grund, warum ich begonnen habe, „Meine Gedanken und einige Fragestellungen rund um das Thema Aquarellmalerei“ aufzuschreiben.

In den Kennenlernrunden meiner Aquarellkurse, Malreisen und Gesprächsrunden unserer Ausstellungen frage ich die Teilnehmer oft:

Was ist ein Aquarell? Was macht die Aquarellmalerei so besonders?

Spannend sind dann die Antworten, hier eine kleine Sammlung, ohne Wertung und auch ohne Angabe von Quelle.

• Ein Aquarellbild zeichnet sich durch seine leuchtenden, transparenten Farben aus, die oft durch das Weiß des Papiers hindurchschimmern.
• Aquarelle – sind locker und zeichnen sich durch Verläufe aus
• Der besondere Zauber beim Aquarellmalen liegt in der Zartheit und Leichtigkeit der Aquarellfarben.
• Aquarellbilder sind recht schnell und oft spontan gemalt.
• Aquarelle zeichnen sich durch Helligkeit aus, es müssen mindestens 30 Prozent des Bildes weiß bleiben
• Beim Aquarellieren werden die wasserlöslichen Farben mit Pinsel locker auf das Papier aufgetragen.
• Das Freilassen von Stellen im Bild ist ein typisches Merkmal für die Aquarellmalerei.
• Aquarellmalerei ist erkennbar an den meist blassen, lasierenden Farben, die den Malgrund durchscheinen lassen.
• Die schönsten Aquarelle entstehen oft durch spontan improvisierte Farbaufträge.
• …

Die Antworten sind aus meiner Sicht persönliche Aussagen, die von dem persönlichen Wissens- und Erfahrungsstand des Antwortenden geprägt sind. Das ist nichts Schlimmes, denn ich reihe mich hier auch ein. Schlimm wird es erst, wenn irgendjemand versucht, solche Aussagen als ultimative Wahrheit zu verkaufen.

Ein Teil der Antworten ist falsch oder beschränken die Welt des Aquarells sehr stark.

Wie ich zu so einer Aussage komme, ergibt sich ganz einfach, wenn man sich die Frage stellt:

Wer ist der bekannteste Deutsche Maler, der Aquarell gemalt hat?

Der bekannteste deutsche Maler, der Aquarelle geschaffen hat, ist Albrecht Dürer. Er gilt als einer der ersten Künstler, die das Potenzial des Mediums erkannten und seine Aquarellmalerei, besonders seine Naturstudien, sind bis heute berühmt, wie zum Beispiel der "Feldhase", „Das große Rasenstück“, „Blaurackenflügel“, . … Dürer hat auf seinen Italienreise auch etliche Landschaftsaquarelle gemalt. Wenn man sich die Aquarelle von Dürer anschaut, dann kann man schnell erkennen, warum ich die obigen Antworten auf die Frage: Was ist ein Aquarell? als falsch oder stark einschränkend eingeschätzt habe.

Das große Rasenstück

Albrecht Dürer, 1503

Aquarell und Deckfarben, mit Deckweiß gehöht,

40,8 × 31,5 cm

Albertina, Wien

Albrecht Dürer, Public domain, via Wikimedia Commons

Feldhase

Albrecht Dürer, 1502

Aquarell und Deckfarben, mit Deckweiß gehöht,

25,1 × 22,6 cm

Albertina, Wien

Albrecht Dürer, Public domain, via Wikimedia Commons

Blaurackenflügel

Albrecht Dürer, 1512

Aquarell auf Pergament, Deckfarben, weiß gehöht

19,6 × 20 cm

Albertina, Wien

Albrecht Dürer, Public domain, via Wikimedia Commons

Die Bilder von Dürer zeigen, Aquarell kann so viel mehr sein oder auch ganz anders sein als eine Malerei mit lockeren Verläufen von transparenten Farben, bei denen oft das Weiß des Papiers hindurchschimmert.

Beispiele für Aquarellmalerei

Die Kunst und auch die Aquarellmalerei lebt durch Vielfalt. Ich kenne Menschen, die spachteln mit Aquarellfarben, andere sprühen die Farben ähnlich wie beim Graffiti, es gibt abstrakte, wie gegenständlich, fotorealistische sogar hyperrealistische Aquarellmalerei. Aquarell wird heute nicht nur auf weißem Papier, sondern auch auf farbigen ja sogar schwarzen Papieren, genauso wie auf Leinwand, Holz z.B. Zigarrenkistenbrettern, auf verschiedenen Metallplatten wie z.B. Aluminium u.a. Materialien gemalt. Um diese Welt zu entdecken, hilft nur eines, man muss seine Welt verlassen und auf Entdeckungen gehen.

Im folgenden stelle ich einige Künstler der abstrakte sowie auch der Hyperfotorealistischen Malerei vor, um neben den Bildern von Dürer eine mögliche Bandbreite der Aquarellmalerei aufzuzeigen.

Abstrakte Aquarellmalerei

Vielen Menschen ist Gerhard Richter als deutscher Kunstmaler, Bildhauer und Fotograf ein Begriff. Seine Werke gehören zu den teuersten eines lebenden Künstlers. Berühmt sind seine fotorealistischen Kerzen, Porträts sowie die beeindruckenden Kirchenfenster im Kölner Dom und in Tholey. Auf der Seite des MDR hat die Redaktion den Versuch unternommen, zwölf seiner bedeutendsten Werke zu zeigen und deren faszinierende Geschichten zu erzählen. Was aber viele Menschen nicht wissen ist, dass Gerhard Richter auch immer wieder Aquarelle gemalt hat. Auf seiner Web-Seite findet man über 320 seiner Aquarelle. Über die Zeit wurden seine Aquarelle in verschiedenen Ausstellungkonzepten vorgestellt. Richters Aquarellmalerei war immer abstrakt, zweigt ganz unterschiedliche Farbspiele, die er auf der Suche nach seiner Komposition zum Teil mit anderen Techniken kombiniert hat. Einen Eindruck von seinen Aquarellen zwischen 1977 und 1997 bekommen Sie am besten in dem Video.

Spannend sind aber auch die Aquarelle, Mischtechnuken und Zeichnungen aus der Ausstellung von Gerhard Richter in der Münchner Pinakothek der Moderne im Mai und Juni 2025. Für die Ausstellung „Gerhard Richter 81 Zeichnungen ∙ 1 STRIP-Bild ∙ 1 Edition“ gibt es leider kein Bildmaterial oder Video, das frei veröffentlicht werden kann.

Wenn Sie die Aussagen im dem Video und in der Beschreibung zur der Ausstellung in der Münchner Pinakothek der Moderne 2025 vergleichen, können Sie hören und lesen, dass die Aquarelle, Mischtechniken und Zeichnungen von den Autoren unterschiedlich beschrieben und interpretiert werden. Was bleibt ist für mich die Aussage von Stefan Mekiska: "Abstrakt wie die Bilder sind, erzeugen sie in den Köpfen der Betrachtenden Assoziationen vom Urknall oder von Unterwasserwelten.".

Auch für die Aquarelle von Gerhard Richter gilt: Aquarell kann so viel mehr sein oder auch ganz anders sein als eine Malerei mit lockeren Verläufen von transparenten Farben, bei denen oft das Weiß des Papiers hindurchschimmert.

Weitere Beispiele für abstrakte Aquarelle sind Werke von Wassily Kandinsky, Paul Klee u.a. Ich möchte Ihnen aber die

empfehlen. Warum? Ganz einfach, um einmal eine andere Bildsprache, ein anderes Spiel mit Farben, Wasser, Papier, Formen und „Nichtformen“ vorzustellen, um zu zeigen, was Aquarell sein kann. In den Bildern der Amerikanerin Suyao Tian finden sich viele Aspekte, die oft bei der Beantwortung der Frage: Was ist ein Aquarell? Was macht die Aquarellmalerei so besonders? Genannt werden, aber sicher in einer Art und Weise, wie die meisten Menschen es nicht erwartet haben. Wenn Sie mehr zu den Aquarellen von Suyao Tian erfahren wollen, dann folgen Sie Ihr doch am besten aus Instagram.

Hyperfotorealitische Aquarellmalerei

Der Fotorealismus gibt oft das Motiv wie ein Foto wieder. Bei dem Hyperrealismus wird durch eine Interpretation des Künstlers, eine narrative oder emotionale Komponente hinzugefügt. Ziel ist es eine neue, überzeugende Realität zu schaffen, die oft noch detaillierter, "lebensechter", pointierter wirkt als das Motiv selbst. Die Wirkung wird oft durch die Betonung von Details und Oberflächen, die betonte Wiedergabe von Texturen, Lichtreflexionen, Schatten und feinsten Details von Flaschen, Gläsern, Silber, Chrom, Obst u.a. erzielt. Oft wird so in Stillleben und Porträts eine optisch überzeugende Illusion von Realität zu erzeugt.

Hyperfotorealistische Aquarellmalerei hat sich in den letzten Jahren besonders in den USA entwickelt. Ich möchte Künstler vorstellen, die die Malerei in diesem Bereich zur Meisterschaft entwickelt haben.

Hyperfotorealistische Aquarell von Laurin McCracken

"Underwood" Aquarell von Laurin McCracken

"Drei Magnolien mit Silber" Aquarell von Laurin McCracken

„Obst, Kristall und chinesisches Porzellan“ Aquarell von Laurin McCracken

Ich habe aus den Aquarellen von Laurin McCracken drei seiner Bilder ausgewählt. Besonders beeindruckt mich seine Schreibmaschine von "Underwood". Es ist ihm wirklich gelungen, ein Bild zu malen, bei dem ich der Illusion erliege, dass die alte Schreibmaschine vor mir steht und ich den Geruch des Farbbandes und die Ölrückstände in der Mechanik riechen kann. Dazu noch Details wie der Füllfederhalter, die Kamera und die Uhr. Mich begeistert dieses Aquarell. Geht es Ihnen auch so? Wenn man sich die anderen beiden Aquarelle von Laurin McCracken anschaut, dann kann man erkennen, dass es sich niederländischen und flämischen Stilllebenmalern des 16. und 17. Jahrhunderts beeinflussen lässt. Die flämischen Barockmalerei ist für ihre akribische Detailgenauigkeit bekannt und McCracken überträgt diesen Stil auf die Aquarellmalerei. Er hat besondere Fähigkeit entwickelt um die Transparenz von Glas, den Glanz von Silber und die Maserung von Holz mit unglaublicher Präzision darzustellen. Wenn Sie Lust haben schauen Sie sich auf seiner Web Seite auch mal seine Blumen Aquarelle an.

Bei seinen Aquarellen plant McCracken seine Kompositionen sorgfältig, oft mit Hilfe von Referenzfotos, die er selbst aufwendig inszeniert. Er arbeitet mit zahlreichen, feinen Lasuren von Aquarellfarbe, um Tiefe, Volumen und die subtilsten Farbnuancen zu erzielen. Er verwendet auch Maskierflüssigkeit, um Glanzlichter und Klebestreifen, um scharfe Kanten zu erzeugen.

Er beschreibt seine systematische und präzise Herangehensweise für hyperrealistischer Aquarellbilder als "Laurin System". Einen kleinen Einblick in seine Art zu malen, bekommt man in folgenden Video. Viel Spaß beim Eintauchen die Welt der hyperealistischen Aquarellmalerei von McCracken.

So unterschiedlich wie die Aquarelle von Albrecht Dürer, Gerhard Richter, Suyao Tian, Laurin McCracken und unsere Bilder gestaltet wurden, bleibt die Frage, was haben diese Bilder gemeinsam. Wenn man berücksichtigt, dass Aquarelle auf unterschiedlichsten Malgründen (Papier, Pappen, Holz, Leinwänden, Metall, …) gemalt werden können, dann ist trotz aller Unterschiede, das einzig gemeinsam, dass Aquarelle mit Aquarellfarben gemalt werden, wo bei es egal ist, wie die Farbe auf den Malgrund gebracht werden. Umso wichtiger ist die Frage:

Was sind Aquarellfarben?